sich auch heute - entgegen der verlockenden Vielfalt von angebotenen Farbpigmenten zu erschwinglichen Preisen - sich auf nur wenige Farben zu besinnen. Daraus entwickelte sich die Vier-Farb-Theorie, die auch die Grundlage meiner Ikonenmalerei ausmacht.
Die Vier-Farb-Theorie umfaßt traditionell die Farben Ocker, Rot, Schwarz und Weiß. Damit (und mit den daraus erzeugten Mischtönen, siehe rechts) lassen sich die schönsten Ikonen malen. Es läßt sich jedoch nicht von der Hand weisen, dass die alten Maler für den Umhang der Mutter Gottes und anderer, in dunklem rotbraun gehaltener Gewänder sowie für die Skizzen der Gesichtskonturen noch ein zusätzliches Farbpulver verwendeten, die sogenannte Laka (rote purpurne Lasur).
    Beispiele für rotbraun gehaltene Gewänder mit einer Lasur aus Laka.
Weiterhin lassen sich die strahlend roten Gewänder der Hl. Katherinia, der Hl. Anna und vieler anderer zwar auch mit dem obigen roten Grundton nachmalen, doch ist die Verwendung von Zinnober ungleich empfehlenswerter und läßt vermuten, dass Ikonenmaler der damaligen Zeit ebenfalls über diesen Farbton verfügten.
    Beispiele für die Verwendung von Zinnober.
Da Schwarz und Weiß eigentlich keine Farben sind sondern Aufhellung bzw. Verdunklung erzeugen, kommen wir wieder zurück auf die Vier-Farb-Theorie, die sich für mich folgerichtig aus den Farben Rot, Ocker, Purpurlasur und Zinnober zusammensetzt plus schwarz und weiß als Abtönung bzw. Aufhellung (siehe Spalte rechts, oben). Aus diesen Farben lassen sich alle anderen Farben herstellen. Blau entsteht durch die Mischung von schwarzen und weißen Pigmenten - nein, das ist kein Druckfehler! Um ein Grau zu erzeugen, muss zu Schwarz und Weiß noch Ocker hinzugefügt werden. Einige wenige Ikonen der byzantinischen Zeit weisen jedoch die Verwendung eines sehr strahlenden Blau auf, dass nicht mit Schwarz und Weiß herzustellen ist. Dieses Blau (z.B. aus der Fußwaschung Christi, siehe links) ist zerriebenes Lapislatsuli und daher sehr teuer gewesen und nur selten verwendet. Um diesen Farbton nachzuempfinden, greift man heute auf Ultramarin oder Kobaltblau zurück und verwendet es ebenso sparsam wie damals.
Anmerkung: Die russische Ikonenmalerei der byzantinischen Zeit benutzte andere Farben als ihre griechische Schwester. Neben den oben genannten Farben tauchten auch Grün.-, Rosa.- und Violettfarben auf. Es war wohl schon damals eine Geschmacksfrage gewesen und stand immer in Abhängigkeit mit der jeweiligen Epoche, welche Farben besondere Verwendung fanden. Oftmals erfolgten die Aufträge für Ikonen vom Herrschergeschlecht der aktuellen Zeit, welches sich vom vorherigen Herrschergeschlecht gern auch über die in Auftrag gegebenen Ikonen abhob und daher einen anderen Stil bzw. eine andere Farbgebung bevorzugte und unterstützte. Anhand der Farbpalette einer Ikone lassen sich undatierte Ikonen bisweilen auch auf diese Weise ihrer Entstehungszeit zuordnen.
|