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2. Die Biographie und geistliche Entwicklung von Seraphim von Sarow

Der Heilige Seraphim von Sarow wurde am 19. Juli 1759 in Kursk als jüngster von drei Kindern geboren. Sein bürgerlicher Name war Prochor Mochnin. Sein Vater, ein Kaufmann und Ziegeleibesitzer, starb in Prochors viertem Lebensjahr, und so musste die Mutter Agafia sich alleine um die Erziehung des Sohnes kümmern.

In rechter Demut und Gottesfurcht erzogen, erfuhr Prochor sehr früh besondere Wunderzeichen der Gnade: „Mit sieben fiel er unbeschadet vom hohen Glockenturm herab, und während einer schweren Krankheit empfing er von der Gottesmutter durch ihre Kurskaja-Ikone Heilung.“18 Sobald er lesen lernte, vertiefte er sich in die Gebetsbücher und Heiligenleben, besuchte eigenständig so oft wie möglich die Gottesdienste, begann mehr und mehr über Gott und die geistlichen Dinge nachzudenken, bis schließlich der Wunsch nach dem Mönchstum in ihm reifte. So empfing er im Alter von 17 Jahren die Erlaubnis seiner Mutter, auf Pilgerfahrt nach Kiew zu gehen, denn die Mutter war sofort von seinem neuen Lebensweg überzeugt und gab ihm ein kupfernes Kreuz mit, das er bis zu seinem Lebensende trug. So verabschiedete sich Prochor von seiner Mutter und seiner Familie.

In Kiew wurde er im Höhlenkloster im Jesusgebet unterwiesen und nach Sarow geschickt, wo er er am 20. November 1778 ankam und dann mit 19 Jahren ins Kloster eintrat und es in der Folge seines Lebens nie wieder verließ.  Zu dieser Zeit wurde das Kloster in Sarow von Abt Pachomios geleitet, und Seraphim wurde im Noviziat auf das Leben eines Mönches beziehungsweise Priestermönches vorbereitet. Zu seinen ersten Aufgaben gehörte es, die Zelle seines geistigen Vaters, Vater Joseph, in Ordnung zu halten, außerdem wurde er mit Arbeiten in der Bäckerei und in der Zimmerei betraut. Dem Wesen nach aber ist die Zeit des Noviziats vor allem der religiösen und asketischen Grundlegung eines auf Gott bezogenen Lebens gewidmet. Aus dieser Zeit ist bekannt, dass Prochor Mochnin sich selbst eine asketische Strenge auferlegte: „Die Befolgung des Armuts- und Keuschheitsgelübdes dürften Prochor keine größeren Schwierigkeiten bereitet haben. Gehorsam und die damit verbundene Demut waren dagegen für ihn, der mit einer enorm starken Willenskraft ausgestattet war, wie die von ihm sich selber befohlene Auferlegung und Einhaltung der harten asketischen Anstrengungen zeigen, mit Problemen behaftet.“19 Nach 8 Jahren als Mönch bekam Prochor die Tonsur und den Namen Seraphim. Am 2. September 1793 wurde Seraphim zum Priester geweiht und feierte von diesem Zeitpunkt an jeden Tag die „Göttliche Liturgie“.

Sicherlich ist davon auszugehen, dass Seraphim ein guter Mönch sein wollte, worin die Beweggründe für seine rigorose Befolgung asketischer Übung liegen. „Die gesamte seelische Kraft wurde auf ´einwandfreies` Gebet und Konzentration auf Gott genützt. Die leiblichen Energien verzehrten sich im Durchhalten der asketischen harten Übungen. Das Ertragen winterlicher extremer Kälte, kärglicher, nicht sättigender Mahlzeiten, das Durchstehen von Schlafmangel erfordert eiserne Disziplin.“20

Im Jahre 1794 entschloss sich der Mönchspriester Seraphim, nachdem er sich dafür die Erlaubnis und den Segen beim neuen Abt Isajas geholt hatte, als Eremit weiterzuleben. Seraphim suchte sich ungefähr fünf Kilometer vom Kloster entfernt einen abseits gelegenen Platz im Wald. Hier errichtete er sich ein kleines fensterloses Holzhäuschen, baute sich einen Gemüsegarten an und erhielt das Allernotwendigste zum Leben einmal in der Woche vom Kloster. Seraphim verbrachte den Tag mit Arbeiten im Garten, dem Lesen von religiösen Büchern und vor allem dem Gebet.

Schon bald wurde seine Einsamkeit von Rat suchenden Menschen gestört. Angst vor Einsamkeit oder Dunkelheit kannte Seraphim nicht. Es wird sogar berichtet, dass Seraphim einen Bären fütterte. Seraphim reduzierte seinen Schlaf auf ein Minimum, um seinen Geist vor allem durch das Sprechen des Herzensgebets auf Gott hin auszurichten und so seine innere Ausgeglichenheit zu bewahren.

Am 12. September 1804 wurde Seraphim von drei Räubern überfallen. Mit letzter Kraft konnte er sich zurück ins Kloster schleppen. Von da an blieb Seraphim zeitlebens gekrümmt und konnte nur auf einem Stock gehen, aber es zog ihn nach einigen Monaten wieder zurück in den Wald. Eine neue Form der Askese, das vollkommene Stillschweigen, wurde nun von ihm praktiziert.21

Im Jahre 1810 wurde Seraphim vom neuen Abt befohlen, ins Kloster zurückzukehren, da sein vollkommen zurückgezogenes Leben Ärgernis erregte. Im Sarower Kloster lebte er in einer kleinen Zelle die lediglich mit einer Muttergottesikone, einem Baumstumpf, der als Stuhl diente und einem kleinen Tisch ausgestattet war. Nachts schlief er kniend vor dem Tisch, das Haupt in seine Hände gestützt, und tagsüber betete er fast ununterbrochen.22 Seraphim verließ seine Klause kaum und begann erst im September 1815, seine Einsamkeit zu lockern. Immer mehr Menschen suchten Seraphim als Laienseelsorger auf, und sein Ruf als hervorragender Seelenführer verbreitete sich rasch. An manchen Tagen sollen bis zu eintausend Besucher gezählt worden sein. Es schien, als könnte Seraphim in den Menschen wie in einem offenen Buch lesen. „Seine Beliebtheit läßt sich vor allem durch seine unendliche Güte und Milde gegenüber den Hilfesuchenden erklären.“23

Der heilige Seraphim wohnte noch am Neujahrstage 1833 der Liturgie bei, empfing die heiligen Sakramente und verabschiedete sich von seinen Brüdern. Er ging in seine Zelle und man hörte ihn bis weit in die Nacht hinein Osterlieder singen. Am Morgen des 2. Januar 1833 sahen die Brüder wie Rauch aus seiner Zelle drang, und sie öffneten seine Türe. Eine Kerze war umgefallen, und der Heilige Seraphim kniete vor der Ikone der Mutter Gottes. Er saß regungslos da, mit geschlossenen Augen und gekreuzten Armen. Er war während des Gebets eingeschlafen. Seine Seele war schon vor das Antlitz Gottes getreten.

Im Jahre 1903 wurde Seraphim von Sarow von der Russisch-Orthodoxen-Kirche heiliggesprochen.

Zar Nikolaj hat über ihn gesagt: „Was die Heiligkeit und Wundertätigkeit des heiligen Seraphim betrifft, davon bin ich bereits so überzeugt, dass niemand jemals meine Gewissheit ins Wanken bringen kann. Denn ich habe unüberwindbaren Beweis dafür.“ (Zar Nikolaj II., ca. 1900)

Im Jahre 2003 jährte sich zum hundertsten Mal der Tag der Heiligsprechung des hl. Seraphim von Sarow, die mit großen Festlichkeiten begangen wurde.

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Autor dieser Seite und mit freundlicher Genehmigung: Pastor Wolfgang Hohensee, Jahrgang 1955,
Gemeindepastor von 1990, seit 1993 in der Bugenhagenkirche in Hamburg-Rönneburg;
Autor verschiedener Bücher; Mitarbeiter im Vorstand des Pastorenvereins der Nordkirche.

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